Naturschutzgebiet Külsheimer Gipshügel

Geschichte



Um 1900 hatten Natur­freun­de und Bo­tani­ker die Kost­bar­keit die­ser „In­seln“ in der Land­schaft er­kannt und heg­ten den Wunsch, die­se zu er­hal­ten. Am 18. Juni 1905 er­warb da­her der Bota­ni­sche Verein Nürn­berg den Küls­hei­mer Gips­hü­gel von ei­nem Land­wirt aus Er­ken­brechts­ho­fen. Hier­durch soll­ten die Re­lik­te sel­te­ner Step­pen­ve­ge­ta­tion vor der Zer­stö­rung ge­schützt wer­den. Nach der Auf­lö­sung des Bota­ni­schen Vereins ging der Gips­hü­gel in die Hän­de der Natur­his­tori­schen Ge­sell­schaft Nürn­berg über, in de­ren Be­sitz der Hü­gel sich bis heu­te be­findet.


Festgesellschaft

Festgesellschaft


Fest­rede von Christoph Scher­zer am 18. Juni 1905
Sehr ver­ehrte An­we­sende!
Eine eigen­artige Feier ist es, die uns heu­te hier zu­sam­men­ge­führt hat, eine Feier, wie sie sel­bst in unserer Vereins- und ver­samm­lungs­rei­chen Zeit zu den Sel­ten­hei­ten ge­hö­ren dürf­te. Es ist Ihnen be­kannt, daß in un­se­ren Ta­gen mehr und mehr an Boden ge­win­nen jene Be­strebun­gen, die da­rauf ab­zie­len, alt­ehr­wür­dige Na­tur­denk­mä­ler zu scho­nen, zu schüt­zen und vor dem schließ­li­chen Un­ter­gan­ge zu be­wahren.
An­gesichts die­ser löb­lichen Be­stre­bun­gen er­griff auch der Bota­ni­sche Verein Nürn­berg die Ge­le­gen­heit, durch An­kauf die­ses Gips­hü­gels ein Stück­chen al­ter, ur­wüch­si­ger Pflan­zen­decke in Schutz zu neh­men. Nach ziem­lich über­ein­stim­men­den An­sich­ten un­se­rer Pflan­zen­geo­graphen und Natur­for­scher ha­ben sich an ei­ni­gen be­son­ders ge­schütz­ten Loka­li­tä­ten un­seres schö­nen Bayern­lan­des Pflan­zen­über­res­te aus der al­ten Step­pen­zeit er­hal­ten. Als sol­che Loka­li­täten gel­ten die Gar­chin­ger Heide bei München, die Ge­gend um Re­gens­burg, das Jura­hoch­pla­teau, das Main­land bei Bam­berg, Schwein­furt und Würz­burg und von da aus aus­strah­lend der rei­che Gau um Uffen­heim-Winds­heim.
An­kauf und feier­liche Be­sitz­er­grei­fung
Zu unserer Freu­de darf ich kon­sta­tie­ren, daß wir bei unse­ren Kauf­unter­hand­lungen das lie­bens­wür­dig­ste Ent­ge­gen­kom­men fan­den von sei­ten des frü­heren Be­sit­zers die­ses Gips­hügels, des Herrn Öko­no­men Klein aus Er­ken­brechts­ho­fen. Er hat sich in sei­nen Kor­res­pon­den­zen und Pri­vat­ge­sprä­chen mit uns als ein so na­tur­sin­ni­ger Freund und För­de­rer un­se­rer Be­stre­bun­gen ge­zeigt, daß ich es mir nicht ver­sa­gen darf, ihm im Na­men des Bota­ni­schen Vereins Nürn­berg wärm­ste An­er­ken­nung und herz­lich­sten Dank aus­zu­spre­chen! Und so möge nun in die­ser Stun­de der Bota­ni­sche Verein Nürn­berg förm­lich und feier­lich von sei­nem Ei­gen­tum Be­sitz er­grei­fen. Zur äußer­lichen Be­kräf­ti­gung die­ser Aktion bit­te ich al­le An­we­sen­den mit mir in ein ur­kräf­tiges, drei­ma­li­ges Hurra ein­zu­stim­men! Hurra! Hurra! Hurra! (His­sen der Flag­ge)
Und nun, da un­sere Flagge weht auf dem Hü­gel "Auf der Mür­ben", ge­loben wir unsern Guts­nach­barn, daß wir ih­nen je­der­zeit fried­liche, ver­träg­liche Nach­barn sein und blei­ben wol­len und daß wir ihr Ei­gen­tum scho­nen und re­spek­tie­ren wer­den! Nicht als frem­de Ein­dring­lin­ge und Stö­ren­frie­de wol­len wir fes­ten Fuß fas­sen, nicht egois­ti­sches oder spe­ku­la­ti­ves Inte­res­se hat uns hier­her ge­führt, son­dern ein­zig und al­lein jene idea­le Be­stre­bung, ein ehr­wür­di­ges Natur­denk­mal zu schüt­zen und auch so zu be­tä­ti­gen unsere Lie­be zur herr­lichen Got­tes­na­tur mit ih­ren Wun­dern und Rät­seln.

Besitzergeifung

Besitzergeifung


100 Jahre Küls­heimer Gips­hügel
Am 18. Juni 2005 jähr­te sich zum 100. Ma­le der denk­wür­dige Tag, an dem der Bota­ni­sche Verein Nürn­berg unter seinem Vor­stand Chris­toph Scher­zer feier­lich das fränkisch­dilu­viale Step­pen­ge­lände "Auf der Mür­ben" bei Bad Winds­heim in Be­sitz nahm, das für einen Be­trag von 100 Reichs­mark von dem Öko­nomen Klein aus Er­ken­brechts­ho­fen er­wor­ben wer­den konn­te. Be­reits 80 Jahre Gips­hügel wa­ren für die Ab­teilung für Botanik An­laß, un­serer weit vor­aus­blicken­den Nürn­berger Bo­tani­ker zu ge­denken und das his­tori­sche Er­eig­nis im Jahre 1985 ge­büh­rend nach­zu­voll­zie­hen.
So ver­sammel­ten sich Mit­glie­der und Freun­de der Ab­tei­lung am 15. Juni 1985 am Fuße des Gips­hügels. Mit be­sonde­rer Freude konn­ten auch die En­kel von Chris­toph Scher­zer, die Pro­fes­soren Ger­hard und Her­mann Scher­zer, und der 85­jähri­ge Leon­hard Klein, Sohn des Öko­no­men Klein, be­grüßt wer­den. In An­we­sen­heit des Bür­ger­meis­ters von Bad Winds­heim, Otmar Schal­ler, und des Ver­tre­ters des Land­ra­tes, Ober­re­gie­rungs­rat Schwab, ver­las Ab­tei­lungs­ob­mann Her­mann Schmidt noch ein­mal die Fest­rede, die Chris­toph Scher­zer vor 100 Jah­ren ge­hal­ten hatte.





Chronik des Küls­heimer Gips­hügels


1849
Erwähnung auf einer Schede im Her­barium Er­langen­se (23115)
Lit.: http://www.regnitzflora.de/meierott_poa_bad.pdf

1905 18. Juni
Der Botanische Verein Nürn­berg erwirbt den nörd­lichen Teil des Gips­hügels in der Flur „in der Mür­ben“
Der Er­werb war drin­gend nö­tig, da ein Bauer be­gon­nen hat­te die Erd­krume ab­zu­schieben.

1912
Die Flora des Winds­heimer Gaus unter be­son­derer Be­rück­sich­ti­gung der Step­pen­hei­de­ge­nos­sen­schaft un­se­res Pflan­zen­hor­tes auf dem Gips­hügel bei Küls­heim
Lit.: Scherzer, C. (1912): Denk­schrift des Botani­schen Vereins Nürn­berg zum 25­jäh­ri­gen Be­ste­hen: 9-13, Nürn­berg.

1931
Über­füh­rung des Bota­nischen Vereins in die Na­tur­his­tori­sche Ge­sell­schaft Nürn­berg

1944
Er­werb der süd­west­lichen Gips­rippe. Eben­so Er­werb des Ackers zwi­schen den Hü­geln für die An­lage eines Vo­gel­schutz­gehöl­zes.

1957
Erste um­fassen­de Be­stands­auf­nah­me der Flora und Fauna aus An­lass des 50ig jäh­ri­gen Be­ste­hens des Schutz­ge­bietes
Gauckler, Konrad (1957): Die Gips­hügel in Franken, ihr Pflan­zen­kleid und ihre Tier­welt., Nürn­berg.
http://www.zobodat­.at/pdf/Abh-Naturhist-Ges-Nuern­berg­_29_1_­0001-0092.pdf

1983
Offizielle Er­nen­nung zum Natur­schutz­ge­biet: Nr. NSG-00181.01

1988 September
Bei einem Manöver (Re­forger 88 vom 6. -26. Sep­tem­ber) wurde der Gips­hügel durch Panzer be­schädigt. Der blanke Gips war zu sehen.
Foto­do­kumen­ta­tion von Ernst Feist und Her­mann Schmidt

1999
Die Moose des Küls­heimer Gips­hügels im Land­kreis Neu­stadt a. d. Aisch/Bad Winds­heim – Eine kurze Dokumen­ta­tion im Rah­men des ABSP-Proj­ekts „Siche­rung und Um­welt­ver­bes­serung für Step­pen­rasen­re­lik­te der Gips­hügel“
Lit.: Beigel, Hein­rich (1999, er­schie­nen 2000): in Natur und Mensch 53-56

2003
Pflege­arbei­ten der Ab­teilung Botanik. Ab­holzen zweier Weiß­dorne des Vogel­schutz­gehöl­zes und Ent­fer­nen von Ro­sen­stöcken auf der Flä­che zwi­schen den Gips­rippen

2005 18. Juni
100 Jahre Gips­hügel Wan­derung

2007
Zum Wandel der Flora und Ve­ge­ta­tion der mit­tel­frän­kischen Gips­hügel
Lit.: Von Brackel, Wolf­gang (2007, er­schie­nen 2008): in Natur und Mensch, 15-58

2008
Vergröße­rung des Natur­schutz­ge­bie­tes durch Tei­le der nörd­lich ge­le­genen Wie­se

2011
Pflege­arbei­ten der Ab­tei­lung Botanik

2012 27. Apr. u. 10. Nov.
Pflege­arbei­ten der Ab­tei­lung Botanik

2013 9. Nov.
Pflege­arbei­ten der Ab­tei­lung Botanik

2014 23. Aug u. 28. Nov
Pflege­arbei­ten der Ab­tei­lung Botanik

2015
Das Jahr war so trocken, der Boden so lückig, dass der Gips­step­pen­charak­ter gut er­kenn­bar war
Keine Pflege nötig

2016 29. Okt.
Abschieben des Ober­bo­dens am nörd­li­chen Hang­fuß. Die Kratz­beere (Rubus caesius) be­gann mas­siv von der Ver­eb­nung aus, sich auf den Hü­gel aus­zu­breiten.

2017 03. September
Weitere Ab­schie­bung des Ober­bo­dens am nörd­lichen Hang­fuß.

2018 12. März
Einrichtung einer neuen Wege­lenkung

2018 07. September
Montage neuer Info­tafeln am Natur­schutz­gebiet

2018 Oktober
Das Jahr war er­neut so trocken, der Boden so ris­sig, dass der Gips­step­pen­charakt­er gut er­kenn­bar war.
Keine Pflege nötig



Chronik des Külsheimer Gipshügels (als pdf)



Literatur


Literatur - Ankauf

Scherzer, C. (1906): Ankauf eines Gips­hügels bei Winds­heim durch den Bota­ni­schen Verein Nürn­berg. - Mitt. Bayer. Bot.Ges. 1: 482-483


Literatur - Flora

Die Flora des Winds­heimer Gaus unter be­son­derer Be­rück­sich­ti­gung der Step­pen­hei­de­ge­nos­sen­schaft un­se­res Pflan­zen­hor­tes auf dem Gips­hügel bei Küls­heim
Scherzer, C. (1912): Denk­schrift des Botani­schen Vereins Nürn­berg zum 25­jäh­ri­gen Be­ste­hen: 9-13, Nürn­berg.